Freiberuflichkeit Erklärt -
Das Finanzamt

Alles rund um die Themen Finanzamt, Steuer und Versicherungen ist ein sehr komplexes Feld. Wir haben versucht im Folgenden ein klein wenig aufzuklären und Orientierung zu bieten. Wir können niemals einen Steuerberater, eine Steuerberaterin ersetzten. Es soll eine Hilfestellung sein, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit.

Freischaffende Musiker:innen sind neue Selbständige oder auch „Ein-Personen-Unternehmen“ (EPU). Deshalb ist es ihre Pflicht, eine Einnahmen – Ausgabenrechnung zu machen, die sogenannte Steuererklärung. Diese muss einmal jährlich dem Finanzamt vorgelegt werden. Ab einem Einkommen aus freischaffender Tätigkeit von schon wenigen Hundert Euro pro Jahr ist das gesetzlich vorgeschrieben, man ist also meldepflichtig.

 

Für Musiker:innen OHNE Dienstverhältnis gilt: Steuerpflichtig wird man erst ab einem Jahresgewinn von 11.693€ (Stand 2023). Das heißt, nur wenn man in einem Jahr über 11.693€ Gewinn macht, bezahlt man Steuern. 

Der Gewinn errechnet sich wie folgt: Einnahmen (=Einkünfte) MINUS die Ausgaben für Reisen, Instrumente, Noten, Versicherungen etc. Hat man beispielsweise 14.000€ Gewinn gemacht, werden 2.307€ davon versteuert, der Rest ist steuerfrei. In Österreich wird ein Gewinn zwischen 11.693€ bis 19.134€ mit 20% besteuert („Erste Steuerstufe“).

 

1+1 ist nicht immer gleich 2

Jede Steuererklärung ist sehr individuell verschieden. Unzählige Faktoren spielen eine Rolle: Studiert man noch? Hat man zusätzlich eine Anstellung (z.B: in einer Musikschule), oder lebt man nur von selbstständiger Tätigkeit?  Gibt es unterhaltspflichtige Kinder, die im gemeinsamen Haushalt leben? Ist man alleinverdienend oder alleinerziehend? Welches Instrument spielt man (Anschaffungskosten, Nutzungsdauer- siehe unten), und ist man international oder national tätig oder beides? Fährt man mit öffentlichen Verkehrsmitteln, oder mit seinem privaten Auto zu den Projekten? Ist das Auto als Betriebsfahrzeug gemeldet? 

Man sieht also: Bei einer Steuererklärung muss vieles berücksichtigt werden. Die Regelungen ändern sich immer wieder, es ist eine äußerst komplexe Materie. Deshalb empfehlen wir, sich an einen/eine Steuerberater:in zu wenden, der/die sich auf Musiker:innen spezialisiert hat. 

 

Steuererklärung – Wie sehen die ersten Schritte aus?

Es ist so weit, man hat zu spielen, die Grenze von der Liebhaberei („Musik als Hobby“) zum Profitum („Musik als Beruf“) ist überschritten. Jetzt heißt es sammeln und aufbewahren: 

 

Die Einnahmen- und Ausgabenrechnung

Von allen Bruttoeinkünften (also alles, was am Konto landet oder in bar erhalten wird) werden die Ausgaben abgezogen („abgeschrieben“), übrig bleibt der Gewinn. Dieser wird versteuert. Auch die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) orientiert sich an diesen Einkünften und errechnet daraus den Versicherungsbeitrag, also wie viel man im Jahr an die SVS zahlen muss. 

Bewahre auf:

  • Alle Verträge (wenn es welche gibt) oder E-Mails, in denen wichtige Projektinformationen stehen wie
  • der Proben- und Konzertort
  • die Probenzeiten
  • die Honorarhöhe (Honorarnoten, Zahlungsbestätigungen)
  • ob Fahrtkosten bezahlt wurden (Zahlungsbelege)
  • welche Werke gespielt werden (für die persönliche Buchhaltung)
  • ob Ton- und Bildaufnahmen gemacht und extra bezahlt werden. 

Schreibe auf:

  • welche Ausgaben gab es (Fahrtkosten, Hotelkosten, etc.) und wurden diese vom Veranstalter übernommen?
  • zu welchen Zeiten wurde das Haus verlassen und wann kam man wieder Heim  

All diese Dinge sind später relevant, wenn es darum geht, die Tagesdiäten zu berechnen. 

 

Sammle Belege und Rechnungen für alle Ausgaben, welche zur Ausübung deines Berufes getätigt wurden: 

  • Instrumentenwartung und Anschaffungskosten für Instrumente.
  • Fachliteratur, Noten, Notenprogramme 
  • Saiten, Rohrbaumaterial, Luftbefeuchter, etc.
  • Büroartikel wie Computer, Kopierpapier, Mappen, Klebestreifen, Stifte etc. 
  • Telefonrechnungen, Internetgebühren und Postgebühren
  • Proberaumkosten wie Miete, Stromrechnung
  • Wohnraumkosten, falls dieser auch als Probenort genutzt wird
  • Versicherungen wie Haushalts- bzw. Instrumentenversicherung, etc. 
  • ein Streaming-Abo oder CDs, um in der Vorbereitung auf Projekte die Musik kennenzulernen 
  • Koffer, um reisen zu können
  • Berufskleidung wie Frack, Lackschuhe oder Anzug
  • Reisekosten, Übernachtungskosten
  • Fortbildungskosten, Studienbeiträge
  • Etc.

Eine sehr detaillierte Zusammenstellung all der Dinge, die als Einnahmen oder Ausgaben gelten, hat die MICA auf ihrer Serviceseite zusammengefasst: 

mica – music austria Selbstständigkeit 

Die gesammelten Ausgaben wird der/die Steuerberater:in in die Einnahmen – Ausgabenrechnung einfließen lassen. 

ACHTUNG: Größere Anschaffungen werden über mehrere Jahre abgeschrieben. Dabei hängt es davon ab, wie lange ein Objekt verwendet werden kann (Nutzungsdauer). Ein Klavier ist beispielsweise viel länger spielbar als eine Holzflöte. Der/die Steuerberater:in kann hier weiterhelfen.

Ordnen und sortieren

Am Beginn des neuen Jahres sortiert man die Belege für Einnahmen und Ausgaben projektweise und chronologisch zusammen. Ergänzt wird jedes Projekt mit den wichtigen Informationen wie dem Zeitpunkt der An- und Abreise zu und vom Heimatort, etc.

Ausgaben, die nicht mit einem spezifischen Projekt zusammenhängen, z.B. Versicherungen oder Büroartikel, werden gesammelt dazugelegt am besten in einzelnen Kategorien wie „Versicherungen“, „Büro“, „Post“, „Wartungskosten/ Reparaturkosten“.

Die gesammelten Projekte übergibt man dem/der Steuerberater:in. Er/Sie wird alles berechnen und nach einer Besprechung mit dem/der Klient:in schließlich die Berechnung beim Finanzamt einreichen. Ein paar Wochen später erhältst Du Deinen Einkommenssteuerbescheid. 

 

Muss man alles angeben?

Ja, es spielt keine Rolle, ob die Gagen bar ausgezahlt oder direkt auf das Konto überwiesen wurden, ob es viel Geld war, oder wenig. Es ist auch nicht relevant, wer bezahlt hat. Wenn durch Konzerttätigkeit, Aufnahmen oder Privatunterricht Geld erhalten wurde, gilt das als Einkommen.

Doppelbesteuerungsabkommen/

Progression

Innerhalb der EU kommt zwischen den meisten Ländern das Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung. Einem Honorar, das man z.B. in Deutschland verdient hat, wird dort sofort die sogenannte Ausländersteuer abgezogen. Der/die Künstler:in erhält also eine Nettogage. Österreich betrachtet nun diesen Betrag als bereits versteuert und zieht davon keine weiteren Steuern mehr ab. Trotzdem muss diese Einnahme angegeben werden, da sie für die Berechnung des jährlichen Gewinns zu den anderen Einnahmen dazugerechnet wird. Das nennt sich „Progression“.  Diese ist für die Berechnung der Steuern und der Höhe des SVS-Beitrages wichtig.

In der Schweiz nennt man die Ausländersteuer „Quellensteuer“. Sie ist je nach Kanton unterschiedlich hoch. In Deutschland wird zusätzlich zu der Ausländersteuer noch der „Solidaritätsbeitrag“ von 5,5% abgezogen. 

Zusammenfassung: Ausländische Einkünfte sind anzugeben, werden aber in der Regel in Österreich nicht noch einmal versteuert. 

 

Einkommenssteuerbescheid und SVS 

Die Steuerberaterin/der Steuerberater kann eventuell bei der Besprechung bereits Auskunft geben, ob und wieviel Steuer zu zahlen ist oder ob es vielleicht sogar ein Guthaben gibt. Zudem kann schon errechnet werden, wieviel die Versicherung (SVS) im nächsten Jahr kosten wird. 

ACHTUNG: Die SVS (Sozialversicherung für Selbständige) ist mit der Höhe der Beiträge immer 2-3 Jahre „hinten nach“ – das Ergebnis der Steuererklärung 2020 wird sich erst 2022 auswirken. Sollte es eine Gutschrift geben, so kann man diese sofort schriftlich beantragen und sie wird relativ schnell ausbezahlt.

Nähere Informationen zur SVS hier.

Umsatzsteuer, UID-Nummer

Macht man im Jahr über 35.000€ Umsatz in Österreich, muss man eine UID-Nummer beantragen und muss Umsatzsteuer abführen. ACHTUNG: Steuernummer und UID-Nummer sind nicht das Gleiche.