Jahresrückblick IGFM 2021

Wir blicken zurück

(JAHRES)-RÜCKBLICK IGFM: GRÜNDUNG bis FEBRUAR 2022

von Martina Reiter, Heide Wartha, Daniela Flickentanz und Barbara Fischer

 

“Der vernünftige Mensch passt sich der Welt an; der unvernünftige besteht auf dem Versuch, die Welt sich anzupassen. Deshalb hängt aller Fortschritt vom unvernünftigen Menschen ab.”

George Bernard Shaw

 

Wir, die IGFM möchte nun, nach fast zwei Jahren der Gründung, aufzeigen, was wir in dieser Zeit erreicht haben und an welchem Punkt wir nun stehen. Drei Vorstände und acht Kernteammitglieder versuchen hier für Euch, unsere Mitglieder, eine Zusammenfassung zu erstellen, in der die Wegstrecke, die wir bereits gegangen sind, nachgezeichnet wird. Dabei kann dieser Bericht niemals vollständig sein. Denn die unzähligen Stunden an Denkarbeit, Telefonaten und Recherchearbeit wird wohl niemand mehr erfassen können. Hier folgt nun ein Bericht, der trotzdem anschaulich macht, was wir bis heute geleistet haben. Wir haben viel gelernt und viel erreicht!

 

IGFM is here to stay!!!

Das war und ist unsere Devise, von Anfang sollte die IGFM nicht ein „Corona-Verein“ sein, sondern ein Zusammenwirken von Kräften, um die arbeits- und sozialrechtliche Situation der Berufsgruppe der freischaffenden Musiker:innen nachhaltig zu verbessern, gemeinsam und solidarisch und im Verbund mit allen, die in diesem Feld arbeiten. Solidarität scheint der Schlüssel zu sein, sowohl innerhalb der freischaffenden Musiker:innenszene, als auch mit Musiker:innen aus Angestellten-Orchester und mit teilangestellten Musikpädagog:innen. 

Es bleibt ein aktives, gemeinsames Einwirken, ein Sich-Hörbar-Machen. Wir fordern Fairness auf allen Ebenen und arbeiten daran, langfristig eine starke Vertretung aufzubauen.

Wenn man sich mit diesen großen Themen beschäftigt, wird sehr schnell sichtbar, wie verschwindend die Lobbyarbeit für unsere Berufsgruppe bisher war, vor allem im Feld der „klassischen“ freischaffenden Musiker:innen. Die vorherrschende Meinung von Fördergebern ist offensichtlich, dass ohnehin große Summen in den Aufbau und Erhalt von Konzert- und Opernhäusern gesteckt werde und damit schon genug an Unterstützung getan sei. Fassungslos muss man feststellen wie es im Musikland Österreich gerade für diejenigen, die für die lebendige Ausübung von Musik stehen, bis dato wenig Anerkennung und Unterstützung gab. Es sind Musiker:innen, welche für eine Vielfalt in der Konzertlandschaft sorgen, und tatsächlich AUF den Bühnen sitzen. Doch niemand fühlte sich bis dato zuständig, für uns eine angemessene Arbeits- und Lebenssituation zu schaffen.

Doch nun sind wir da! Deshalb laden wir euch ein, die IGFM weiterhin zu unterstützen und damit EUREN Berufsverband zu stärken! Denn wie Edda Breit, eine unserer Vorstände, so treffend bemerkte: 

 

„Eine Berufsgruppe ist

immer so stark wie ihre Vertretung“ 

 

Die „Erfolgsgeschichte“ der IGFM

Wie alles begann- Stationen auf unserem Weg

 

Bei einem Jour fixe der Initiative „mitderstadtreden“ (mdsr) in den Räumlichkeiten der mica im Frühsommer 2020 kommt eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Richtungen zusammen, die innerhalb kurzer Zeit den Beschluss fasst, sich zu bündeln und daraus eine neue Initiative, einen Verein zu gründen:

die Interessensgemeinschaft Freie Musikschaffende.

 

Im September 2020 kommt es zum ersten hybriden Mitgliedertreffen im mica: Vereinsgründung, Versuch Strukturen festzulegen, Arbeitsfelder abstecken, Wahl des Vorstands, Kernteammitglieder;

 

Erste öffentliche Aktion der IGFM November 2020: Umfrage zum Thema „Corona-Testsituation“

Im Zuge dessen erste Kontakte mit den „Big Playern“, den Vertreter:innen anderer Interessensgemeinschaften aus Kunst- und Kultur, unseren Stakeholdern. Sowohl das mica, die Interessensgemeinschaft freie Theaterarbeit (IGFT) als auch die IG Kultur erweisen sich als tolle Partner. Wir erfahren viel Akzeptanz, Hilfestellungen und Unterstützung von Anfang an.

 

Mit‘m Red‘n kommen die Leut

z‘samm…

 

Bald darauf erste Vorstellungs-Treffen mit Kulturpolitiker:innen:

Am 7. Oktober 2020 fand das erste Treffen mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer statt, weitere Termine folgten. 

Auch bemühten wir uns um Treffen mit Kulturpolitiker:innen aller Parteien. Somit gab es erste Treffen:

  • 11. November 2020 mit Thomas Drozda, SPÖ
  • 4. Februar 2021 mit Maria Großbauer, ÖVP
  • 9. März.2021 Josef Schellhorn, NEOS
  • 26. April 2021 mit NRAbg. Mag. Eva Blimlinger

Trotz Corona-Kontaktbeschränkungen ist es gelungen etliche Treffen und Meetings zu machen, teils in Natura, teils via Zoom, je nach herrschender Verordnung und Möglichkeit.

Untenstehend eine kleine Auswahl davon:

  • 19. März 2021: Zoom- Meeting mit Phil Yaeger und Heide Wartha (für die IGFM) und mit Peter Hosek, Sascha Goetzel. Man wendet sich an uns, um mit uns über Vienna Art Network und deren Plattform zu diskutieren.
  • Im März und im Mai 2021 gab es telefonische Meetings mit der Kulturbeamtin des Landes Steiermark, Frau Fischer.
  • 25. September 2021: Round Table mit Rektor Georg Schulz und Vizerektorin Constanze Wimmer 
  • an der KUG in Graz, mit Heide Wartha, Johannes Stöckler und Edda Breit, sowie Simon Kintopp von der ÖH- online. Thema: Austausch und Überlegungen, wie eine Zusammenarbeit zwischen der IGFM, den Unis und der ÖH ausschauen könnte. 
  • 17. Dezember: Radiosendung bei Radio Helsinki in Graz mit Martin Dopler als Moderator und Edda Breit sowie Dario Luisi. Beide sprechen sehr offen über die Situation als Freischaffende.

Meetings über Meetings- trotz Corona-Isolation Dank Internet möglich!

Es geht weiter mit insgesamt 102 offizielle Meetings intern und nach außen. Darunter:

  • 25 Kernteam Meetings
  • 12 Vorstandsmeeting
  • 8 Bundesländermeetings
  • 4 Mitgliedertreffen

Weitere Treffen mit unseren Mitstreitern/ Stakeholders:  

Vernetzung/Lobbying:

Eine gute Vernetzung und intensive Zusammenarbeit mit branchenverwandten IG’s und ein wertschätzender Umgang miteinander ist uns wichtig. Tatkräftige Unterstützung haben wir durch die IGFT mit Ulrike Kuner, die IG Kultur mit anfangs Yvonne Gimpel, dann Gabi Gerbasits und die mica mit Sabine Reiter und ihre Referent:innen erfahren. Sie standen und stehen uns auf allen Ebenen hilfreich zur Seite Wir sind sehr glücklich, dass uns diese wertvolle und freundschaftliche Verbindung bereits gelungen ist. 

Auch die Younion mit Wolfgang Nagl und Peter Schreiber (Betriebsrat der Wiener Symphoniker) ist ein wichtiger Partner bei den großen arbeits- und sozialrechtlichen Fragen. 

Beim Kulturrat Österreich durften wir stets Wertschätzung und eine unkomplizierte, schnelle Kommunikation erfahren.

 

„Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss von Interessenvertretungen in Kunst, Kultur und freien Medien und fungiert als Plattform für gemeinsame kulturpolitische Anliegen und Ziele“.

C. Christl

 

Zu guter Letzt komme ich zu unserer, neben der mica, wichtigsten Partnerschaft aus dem Musikbereich, der Österreichische Musikrat (ÖMR). Im laufenden Fairness-Prozess, der vom BMKÖS initiiert wurde, gilt der ÖMR als erster Ansprechpartner zum Thema Musik.

Die IGFM füllt mit der Vertretung der Berufsgruppe der freischaffenden Musiker:innen eine wichtige Lücke aus und wird hier entsprechend wahr- und ernst genommen und so in den laufenden Fairness Prozess aktiv eingebunden.

 

Die IGFM ist seit Oktober 2020 Mitglied des ÖMR und seit November 2020 Mitglied bei der IG Kultur.

 

Themen, die uns beschäftigen/ beschäftigt haben:

Der Fairness-Prozess des BMKÖS

Die Tatsache, dass die Gründung der IGFM kurz nach dem Wiederaufgreifen des sogenannten Fairness Prozesses durch die Kulturpolitik entstanden ist, machte dies zu einem zentralen Thema unserer kulturpolitischen Arbeit. Dieser Prozess hat einen großen Druck auf uns ausgeübt. Denn unklar war, wie lange diese Koalition bestehen würde und wieviel Zeit bleibt. Wir wissen, dass man die offene Tür nutzen muss, ehe sie sich vielleicht wieder schließt. Es passiert JETZT und die Zeit scheint REIF zu sein, es gibt die reale Hoffnung, dass zumindest der Anfang gesetzt wurde für eine schrittweise Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Situation unserer Berufsgruppe, sowie aller freischaffenden Kunstsparten. 

Wie wirkt die IGFM ein? 

Die IGFM hat bereits im Herbst 2020 fundierte, in der Form noch nie dagewesene Honorarempfehlungen erarbeitet, sowohl für große Ensembles/Orchester als auch für kleine Ensembles/Bands. Diese wurden und werden mit großem Interesse wahrgenommen, finden sich wieder in dem vom Kulturrat herausgegeben Fair Pay Reader und bieten im Fairness Prozess eine Grundlage zur Berechnung des Fair Pay Gap. Der Fair Pay Gap ist die Differenz der bestehenden Auszahlungen an Kunstschaffende zu den nach Fair Pay Richtlinien gewünschten Auszahlungen. In unserer gerade laufenden Shadow Umfrage versuchen wir nun genauere Daten zu erheben. 

 

Die Shadow-Umfrage

Im Zuge des Fair-Pay-Prozesses hat Martina Reiter angestoßen, dass wir auch eine Umfrage starten, um Aufschluss über die aktuelle Situation der Musikschaffenden – den Mitgliedern der IGFM im Speziellen – in Österreich zu bekommen. Es soll damit ein faktenbasiertes Stimmungs- und Erlebnisbild der aktuellen Lage gesammelt werden, um gestärkt in die Argumentation für faire Bezahlung zu gehen. Denn um die Lage zu verbessern, muss erst einmal der Ist-Zustand so gut es geht erfasst werden. Es handelt sich dabei um eine anonyme, quantitative Befragung mit Fragen rund um den Aufwand der Musikarbeit, die Vergütung und die Lebenssituation in Österreich. Auch das Thema der Armutsgefährdung, die uns oft nicht bewusst ist, wird angeschnitten und erfragt.

Die Umfrage ist bereits öffentlich zugänglich und wir bitten Euch, diese auszufüllen und zu verbreiten, damit wir unser aller Lage zum Positiven verändern können. Sie läuft noch bis 27.03.2022!

 

Scheinselbstständigkeit

Dieses Themenfeld bearbeiten wir gemeinsam mit unseren Partner mica, Younion und Kulturrat.

Fragen müssen beantwortet werden wie z.B.: Wann ist eine Scheinselbstständigkeit gegeben? Wann müsste ein Dienstvertrag vorliegen, weil die Arbeitsverbindung mehr einem Dienstverhältnis als einer selbstständigen Tätigkeit entspricht?

 

Theater- Bühnenarbeitsgesetz NEU

Die Frage, die wir dazu in den Raum stellen: 

Inwieweit betrifft das auch uns, bzw. sollte das nicht auch freischaffende Musiker:innen miteinbinden? Musiker:innen, die regelmäßig bei einem oder mehreren Ensembles mitwirken? Was die Gruppe der Musiker:innen/Substituten an Theater- und Opernhäuser anbelangt, so liegt die Antwort auf der Hand. 

Siehe dazu den Artikel aus der Zeitschrift Profil.

Zum Thema Theaterarbeitsgesetz-Novelle hat die IG freie Theaterarbeit (IGFT) und die Gruppe NEW schon große Vorarbeit geleistet: Hier gibt es unterschiedliche, interessante Ansätze, das Für und Wider ist abzuwägen. Die IGFT vertritt die Position: verbesserte soziale Absicherungen durch vermehrte Anwendung von ASVG-Dienstverträgen und dadurch bessere soziale Absicherung. Hingegen propagiert NEW: Dienstvertrag, aber selbständig bleiben, Nachbesserungen in den KSVF-GSVG-Gesetzen, dadurch aber geringere soziale Absicherung. 

 

Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch, Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport 

Mitte März 2021 wurde vom Kulturausschuss des Nationalrats beschlossen, eine Anlaufstelle gegen Machtmissbrauch zu installieren. Die IGFM, allen voran unser Vorstandsmitglied Edda Breit, ist aktiv in die Entwicklung und dem Aufbau dieser Einrichtung eingebunden. 

 

Studie: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Musikarbeitsmarkt in Österreich

Diese sehr umfangreiche Studie wurde von der mdw in Auftrag gegeben und durchgeführt vom „Institut für Kulturmanagement und Gender Studies“, sowie „Institut for Retailing & Data Science“. Unterstützt wurde dieses Projekt von der AKM, dem ÖMR, der StimmIG, der LSG, der Younion, der mica, der ÖH MUK, der Musikergilde, der HMDW, der ÖH KUG und nicht zuletzt auch von uns, der IGFM. Unser ehemaliges Vorstandsmitglied Irma Niskanen sei in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Die Studie zeichnet ein trauriges Bild der Situation freier Musikschaffender in Österreich. 

 

Universitäten, ÖH, Studierende

Eine große Herzensangelegenheit ist uns ein guter Kontakt und eine engmaschige Zusammenarbeit mit den Hochschulen und Konservatorien in ganz Österreich, werden doch dort die kommenden Musikergenerationen ausgebildet. Heide Wartha widmet sich mit besonderer Aufmerksamkeit dieser Aufgabe. Zudem sind mehrere Workshops für Studierende in Salzburg und Wien am Start, in denen die IGFM zum Thema „freies Musikschaffen“ referiert. Weiterer Workshops an Unis und Hochschulen sind in Planung.

Weitere Themen und Schwerpunkte der IGFM

Fair Pay ist nur ein Faktor in der Entwicklung zu einem gesunden und nachhaltigen Berufsbild. Weitere arbeits- und sozialrechtliche Themen spielen ebenso eine wichtige Rolle: 

  • soziale Absicherung
  • anständige Verträge
  • Abschlagszahlungen
  • verbindliche rechtliche Grundlagen für unsere Berufsgruppe
  • das Unterbinden von Lohndumping
  • Kontakt zu den Ausbildungsstätten: Musiker:in, ein Beruf mit Zukunft?!
  • Ordentliche Pensionsabsicherung (Armut am Ende einer Laufbahn)
  • Bewusstseinsbildung und Aufklärung in der Gesellschaft über den Beruf Musiker:in
  • Solidarität suchen und fördern

Über die Autorinnen

 

Daniela Flickentanz 

Im Burgenland ist unserer Daniela Flickentanz ansässig. Sie gehört zum Kernteam der IGFM. Daniela arbeitet als Singer/Songwriterin. Sie engagiert sich bei der IGFM in der Social Media Gruppe und ist aktiv beteiligt an der Shadow Umfrage.

 

Heide Wartha

In der Steiermark engagiert sich Heide Wartha für die IGFM. Sie gehört zum Kernteam und fungiert als Bundesländerkoordinatorin. Heide ist (Travers-) Flötistin und unterrichtet am Konservatorium in Graz. Ebenso wie in den anderen Bundesländern versucht sie gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der IGFM sich freundschaftlich mit Vertreter:innen anderer Interessensgemeinschaften aus Kunst und Kultur zu Vernetzen und Verbindungen zu Verantwortlichen aus der Politik zu knüpfen, sowie die IGFM mit ihren Anliegen bekannter zu machen.

 

Martina Reiter

Martina ist eine unserer drei Vorstände. Die gebürtige Oberösterreicherin lebt in Wien und arbeitet als freischaffende Musikerin in verschiedenen Musikbereichen. Sie ist eines der Gründungsmitglieder der IGFM. Martina ist stark involviert in den Fairness Prozess des BMKÖS- ein starkes Zugpferd der IGFM!

 

Barbara Fischer

Die Tiroler Musikerin ist Mitglied des Kernteams der IGFM und zudem die Leiterin des Bundeslandteams Tirol. Sie übernimmt Bundesländeraufgaben, sowie auch Bundesland übergreifende Themen. Sie lebt als zur Gänze von freischaffender Tätigkeit.