Ab Dezember 2020 wird sich auf unserem Blog jeden Monat ein Vorstandsmitglied der IG Freie Musikschaffende vorstellen.
Heute ist Martina Reiter dran, sie spielt Viola und Violine und ist seit 2003 freischaffend.
„Ich bin seit fast 25 Jahren als freischaffende Musikerin tätig, ich musste erleben, dass das Lohnniveau mit jeder Wirtschafts- und sonstiger Krise nach unten nivelliert wurde und dort auch meist stecken geblieben ist. Gespart wird immer ganz unten, bei denen, die sich am wenigsten wehren können. Die Öffnung der Arbeitsgrenzen ist eine zusätzliche Herausforderung unter den jetzigen Bedingungen, nämlich das absolute Fehlen einer Regulierung und Kontrolle der Löhne und Arbeitsbedingungen für unsere Berufsgruppe.
Wir, die freischaffenden MusikerInnen, befinden uns faktisch im rechtsfreien Raum, es gibt keine Honoraruntergrenzen, keine verbindlichen Rechtsgrundlagen für arbeitsrechtliche Situationen wie z.B. Abschlagszahlungen oder Diäten.
Wir MusikerInnen haben wohl einen der schönsten Berufe der Welt, trotzdem ist es Arbeit und kein Hobby und es müssen Miete, Versicherung und alles andere so wie im Leben eines „normalen Menschen“ auch davon bezahlt werden. Uns wird oft gesagt, wie beneidenswert unser Beruf doch sei, sogar in anspruchsvollen Medien wird mitunter auf eine Weise über unsere Berufsgruppe reflektiert, die einen staunen macht:
„Sie, die KünstlerInnen dürfen ohnehin ihre Kreativität ausleben und möchten etwas schaffen wozu es sich zu leben lohnt, so gesehen kann man sich nicht auch noch erwarten, arbeitsrechtlich abgesichert zu werden.“
All diese Umstände und auch meine Erfahrungen als langjährige Orchestervertreterin haben mich schon im Herbst 2019 zusammen mit KollegInnen veranlasst zu recherchieren, ob sich nicht doch eine bestehende Institution oder Interessensgemeinschaft für unsere Anliegen anbietet. Wir stellten fest, dass dem nicht so war. Eine neue IG musste gegründet werden – Corona war also nicht der Anlass, sondern hat die Umsetzung nur beschleunigt.
Die Themen, mit denen ich mich innerhalb der IGFM beschäftige, sind neben der bereits beschriebenen unbefriedigenden Lohnsituation die Aufwertung unseres Berufsstands nach innen (Was ist meine Arbeit wert? Wie werde ich behandelt, wie geht man mit mir um? Wie ist mein Selbstverständnis als MusikerIn?) und nach außen (Wie werden wir in der Politik, in der Gesellschaft wahrgenommen? Wie behandelt und bewertet man künstlerische Arbeit?)
Ein weiteres zentrales Thema ist für mich die Solidarität innerhalb der freischaffenden MusikerInnen, zwischen ganz freien, teilangestellten und vollangestellten Leuten, sogenannten KV-MusikerInnen.”